Vorträge 2010


Dr. Joachim Bobrich, 16. Dezember 2010

Kartographie – Einführung und Überblick

Die große Kunst der Kartenherstellung
GIZ-Vortrag über Grundlagen der Kartographie

Für manche sind es nur Hilfsmittel, um den Weg von einem Ort zum anderen zu finden. Für andere sind es regelrechte Kunstwerke. Die Rede ist von Landkarten, die von zahlreichen Herstellern heutzutage in einer Vielzahl von Varianten mit unterschiedlichem Detailgrad und Maßstäben angeboten werden. Es gibt sie in der herkömmlichen, ausgedruckten Form, als Schautafeln, Relieftafeln oder in digitaler Form. Selbstverständlich nutzt man sie im Internet oder lässt sich damit vom Navigationssystem an nahezu jedes beliebige Ziel routen. Doch kaum einer hinterfragt die Arbeit und Vorgehensweise zur Erstellung dieser Abbildungen von  örtlichen Gegebenheiten. Darüber referierte am vergangenen Donnerstag Dr. Joachim Bobrich vom Bundesamt für Kartographie und Geodäsie Frankfurt am Main in seinem Vortrag "Kartographie - Einfürhung und Überblick" beim Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V.

Kartographie ist die Wissenschaft und Technik der graphischen Darstellung von räumlichen, verteilten Daten einschließlich der Lehre vom Gebrauch solcher Darstellungen. Kartographie vermittelt und veranschaulicht dabei raumbezogene Informationen mit analogen und digitalen Verfahren für unterschiedliche Medien. Typische Produkte sind die erwähnten Karten, aber auch kartenverwandte Darstellungen, wie zum Beispiel Globen oder Vogelschaubilder. Diese Karten sind vereinfachte, maßstäblich verkleinerte und in der Regel erläuterte Abbildungen von räumlichen Gegebenheiten in der Ebene. Dabei ist es nicht so einfach die reale Welt so aufzubereiten, dass sie für die Mitmenschen mit ihren eigenen Wahrnehmungs- und Denkmustern geeignet sind. Der Kartograph generiert dabei ein Modell der Wirklichkeit und nimmt darin Generalisierungen und Abstrahierungen vor. Diese unterliegen gewissen Vorschriften.

Eine Schwierigkeit dabei ist, die elliptische Erde auf der planen Fläche der Karte abzubilden. Je nach Kartentyp und genutztem Abbildungsnetzbild entstehen unterschiedlich längen-, flächen- oder winkeltreue Karten. Um die geographischen Koordinaten Länge, Breite und Höhe auf eine Ebene zu bannen, werden deshalb Kegel-, Zylinder- oder azimutale Ebenenabbildungen eingesetzt. Diese Abbildung zeigt die reale Struktur in der Form, als würde die Erde von innen beleuchtet, wobei die Schattenbilder entweder auf einem um die Erde gelegten Kegel, einem Zylinder oder einer Ebene nachgezeichnet werden. Bedeutende Repräsentanten hierbei sind die winkeltreuen Gauß-Krüger-Abbildungen oder die Universal Transversal Mercator (UTM) Abbildung. Letztere wird mittlerweile auch in der deutschen Vermessungsverwaltung eingesetzt. Letztendlich kann man sich die Abbildungen so vorstellen, als würde man eine Orange schälen und die Schalenteile als Flachenstücke durchnummeriert als Kartensegmente mit einem gewissen, gegenseitigen Überlappungsbereich aneinander fügen.

Auf diese Positionsabbildungen werden dann noch topographische Informationen aufgeprägt oder thematische Informationen wie Straßennamen eingetragen. Eine Karte besteht deshalb heute aus mehreren Ebenen mit jeweils unterschiedlichen Informationen, die je nach Bedarf übereinander gelegt werden können. Im digitalen Zeitalter unterscheidet man zudem die Speicherung als Vektor- und als Pixelgraphik. Wesentlicher Unterschied ist, dass bei der Vektorgraphik die Koordinaten einzelner Punkte bzw. verbundener Polygonzüge gespeichert werden, während bei der Pixelgrafik die Farbinformation entlang eines rechteckigen Punkterasters abgelegt ist. Vektorgraphiken lassen sich deshalb beliebig skalieren. Jeder Hobbyfotograph weiß aber, dass Pixelgraphiken, wie aus dem Fotoapparat, eine Grenze bei der Vergrößerung aufweisen und unscharf werden.

Je nach Maßstab und Typus der Karte sind dann Informationen gesondert zu behandeln. So sind bestimmte Strichdicken kleiner als 0,05 Millimeter nicht mehr vom Menschen erkennbar. Straßen werden deshalb lesbar angepasst, vergröbert oder zusammengefasst, wenn sich der Maßstab ändert. Darüber gelegte Orthofotos von Befliegungen oder Höhenprofile von Laserscannern in Flugzeugen bieten weitere Informationen und Hilfsmöglichkeiten, Karten richtig zu lesen. Alles in allem entstehen dann ganze Kartenwerke von der ganzen Welt, die heute per Mausklick über den Computer abgefragt werden können. Das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie ist dabei für die Karteninformationen von ganz Deutschland ab dem Maßstab 1:200000 zuständig, bietet eigene Produkte an und arbeitet hierfür mit den Landesvermessungsämter eng zusammen. 

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Dr. Andreas Segerer, 18. November 2010

14 Milliarden Jahre - Die Geschichte unseres Universums vom Urknall bis zum Menschen

Der kosmische Hauch einer verbrannten Bratwurst
GIZ-Vortrag zur Entstehung des Universums bis zu uns Menschen

Dass sogar in einer verbrannten Bratwurst auf einem Eisengrill der kosmische Hauch weht und dass darin vieles von der Entstehungsgeschichte des Universums verborgen liegt, davon konnten sich die Zuhörer beim GIZ-Vortrag am vergangenen Donnerstag überzeugen. Dr. Andreas Segerer berichtete nämlich in seinem Vortrag "14 Milliarden Jahre - Die Geschichte unseres Universums vom Urknall bis zum Menschen" darüber, wie es nach heutigen Theorien nach dem Urknall zu den höheren chemischen Elementen und deren komplexen Verbindungen kommen konnte. Diese Elemente, wie zum Beispiel Kohlenstoff und Eisen, entstanden nämlich in den Sternen. So ist also tatsächlich die verbrannte Bratwurst, bei der der schwarze Kohlenstoff sichtbar wird, ein Zeichen für die kosmische Entstehungsgeschichte. Der Vortrag wurde in Kooperation mit den Sternfreunden Cham e.V. durchgeführt. Wegen des großen Interesses wird er wahrscheinlich am kommenden Donnerstag wiederholt. Alles weitere dazu gibt es dann in der Presse.

Trägt man die Entstehung des Universums anhand eines Jahreskalenders auf, bei dem am 1. Januar 00:00 Uhr der Urknall stattfand, wird ersichtlich, dass schon am 10. Januar etwa um 16 Uhr die ersten Sterne entstanden. Nachdem also durch den Urknall der Raum entstanden war, der sich ausdehnt und dabei die Temperatur reduziert, konnten sich die ersten einfachen Atome materialisieren. Wasserstoff war geboren und verdichtete sich an Stellen hoher Anziehungskräfte. Dort zündete schließlich eine Kernfusion. Ein Stern war geboren und das dunkle Zeitalter des Universums ohne Licht war vorbei. Gerade aber dieses Licht und die Wärme sind nicht nur für die Photosynthese in den Pflanzen entscheidend. Die Fusionsprozesse in den Sternen sind auch der Quell der chemischen Elemente. Durch die Fusion entsteht unmittelbar Helium. Bei Fortschreiten und unter geeigneten Bedingungen bilden die Sterne weitere Elemente.

In unserem kosmischen Kalender differenzierten sich dann am 21. März wegen der gravitativen Anziehungskräfte die ersten Galaxien aus. Darin entstanden Sonnensysteme, wie zum Beispiel unseres am 2. September. Zur Bildung der Sonnensysteme mussten aber erst die neu gebildeten Elemente ins Universum verteilt werden. Dazu ist es nötig, dass Sterne nach Verbrauch ihrer Ressourcen auch wieder sterben. Je nach Masse machen sie das mehr oder weniger spektakulär. 85 Prozent der kleineren Sterne mit weit weniger als einer Sonnenmasse erkalten als Heliumkugeln. Die weiteren blähen sich zu roten Riesen oder Supergiganten auf und strahlen dabei ihre äußere Hülle durch Sternwinde ab. Nur 0,05 Prozent explodieren als Supernova. In jedem Fall aber geben sie ihre erzeugten Elemente ab, die wiederum durch Anziehungskräfte Körper formen, die schließlich als Planeten andere Sonnen umkreisen. So wurde auch unsere Erde geboren. Die Sonne ist dabei bereits ein Stern der fünften Generation.

Die Erde musste anfangs unruhige Zeiten über sich ergehen lassen. Einschläge, Vulkanismus und radikale Veränderungen prägten das Bild. Es bildete sich ein Magnetfeld, eine Atmosphäre im richtigen Verhältnis zum Erhalt der Wärmestrahlung und Wasser blieb erhalten. Das Geheimnis dafür liegt in der richtigen Konzentrationsverteilung des Treibhausgases CO2 in der Atmosphäre, der Lithosphäre (also in den obersten Schichten der Erde) und der Hydrosphäre (also im Wasser). So konnte am 21. September das erste Leben entsehen. Nachdem die Photosynthese in blaualgenähnlichen Einzellern nahe der schwarzen Raucher, den Vulkanen im Wasser, begann, konnten sich am 5. Dezember die ersten Mehrzeller bilden. Die Evolution schritt rasch voran.

Am 20. Dezember betrat der erste Mehrzeller das Land. Die Artenvielfalt bildete sich aus, durchlebte Rückschläge, bei denen ganze Arten ausgelöscht wurden. Die Plattentektonik trieb die Kontinente und erst am 31. Dezember, so etwa um 19:31 Uhr, betrat der erste Hominid die Bühne des Lebens. Der erste Mensch kam erst 4 Minuten vor Mitternacht zur Welt. Kurz vor Mitternacht kamen dann die ersten Gelehrten, wie Galileo, Kopernikus, Einstein und Planck, und reflektierten über das Universum und philosophierten über das Leben. Und heute, um Mitternacht, beginnt der Mensch, seinen eigenen Lebensraum systematisch wieder zu zerstören. So schließt sich der Kreis nach einer Geschichte von über 14 Milliarden Jahren im kosmischen Evolutionskalender.

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Prof. Hanns Ruder, 14. Oktober 2010

Das Sonnensystem

Von der Sonne bis zu den Kometen der Oortschen Wolke
GIZ-Vortrag über das Sonnensystem lockt weit über 300 Gäste ins Haus des Gastes

Täglich begrüßt sie uns in gewohnter Manier am Morgen und verabschiedet sich am Abend. Unser Tagesablauf, unser Biorhythmus und das gesamte Leben orientiert sich nach ihr und ist nur durch sie möglich. Die Rede ist von unserer Sonne. Um diesen mehrere Millionen Grad heißen Fusionsreaktor, in dem unter enormer Energiefreigabe Wasserstoff zu Helium fusioniert wird, kreisen acht Planeten. Einer davon, gerade günstig in der habitablen Zone gelegen, ist unsere Erde. Der herausragende blaue Planet, zu zwei Dritteln von Wasser bedeckt, beherbergt zahlreiche Lebensformen, hat eine durch den Mond stabilisierte Rotationsachse und weist eine schützende Atmosphäre auf. Doch auch die anderen Planeten haben ihre individuellen, interessanten Eigenarten. Zusammen mit den Asteroiden, den Plutoiden und den Kometen der Oortschen Wolke bilden sie unser Sonnensystem in einem der Spiralarme unserer Galaxie, der Milchstraße. Hier ist unsere Sonne nur eine von etwa 100 Milliarden Sonnen und doch ist sie für uns etwas ganz besonderes. Über diese interessanten Aspekte wusste am vergangenen Donnerstag Prof. Ruder aus Tübingen in seinem Vortrag "Das Sonnensystem" wieder in seiner charmanten, witzigen und kurzweiligen Art zu berichten. Veranstaltet wurde der Vortrag vom Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V., vom Aktionskreis Lebens- und Wirtschaftsraum Landkreis Cham, dem Arbeitskreis Schule und Wirtschaft Cham und der Stadt Bad Kötzting und lockte weit über 300 Zuhörer in das Haus des Gastes.

Eigentlich lassen sich die aktuellen Fakten über unser Sonnensystem schnell zusammenfassen: Es gibt eine Sonne, die 99,87 Prozent der Masse birgt. Sie wird umkreist von acht Planeten, bei denen man bisher insgesamt 170 Monde gefunden hat. Einige Planeten, wie zum Beispiel die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, weisen tausende Ringe auf. Beim Saturn werden diese durch die gravitative Wirkung der sogenannten "Schafhütermonde" auf Position gehalten, so dass sie sich nicht verflüchtigen. Bis heute hat man im Sonnensystem 535776 Asteroiden entdeckt. Es gibt viele Plutoide, also Kleinplaneten jenseits des Pluto mit einem Durchmesser von bis zu 2500 Kilometer. Weiter draußen befinden sich dann Milliarden von Kometen, von denen uns manche Ausreißer auf ihren Bahnen nahe der Erde besuchen. Mit ihren durch die Sonnenwärme entstehenden Kometenschweifen sind sie nicht nur ein verlockendes Motiv für Fotografen, sondern waren oft auch mythische Zeichen. Genauso erging es oft den Asteroiden, die als Meteoroiten zahlreich auf die Erde stürzen und uns das unvergessliche Erlebnis von Sternschnuppen bescheren. Besonders alle 33 Jahre, zuletzt 1999, nimmt die Zahl dieser Meteoroitenschauer rasant zu, wenn die Erde auf ihrer Bahn durch die Leoniden rast und bis zu 30 von ihnen in der Atmosphäre verglühen. Ansonsten befindet sich im Sonnensystem nur noch eine Menge Staub als interplanetares Medium.

Doch diese nüchterne Betrachtung verbirgt die Einzigartigkeit der einzelnen Planeten. Mit modernen Sonden und Orbitern lassen sich heute von den meisten Planeten die Oberfläche mit einer Auflösung von 50 Zentimetern darstellen. Der Mars ist dabei nun ähnlich genau kartiert wie die Erde. Aus den in historischen Büchern verklärten Kanälen der Marsbewohner sind Oberflächenstrukturen von Kratern und Canyons geworden. Rover fahren dort und liefern seit Jahren fantastische Bilder. Ähnliche entstehen auch von der Oberfläche des Erdmondes, der nun wieder ins Interesse der Forscher rückt. Diese spekulieren über Teleskope auf der Rückseite des Mondes und kartieren gerade mit dem Lunar Reconnaissance Orbiter nicht nur ehemalige Landestellen und Fußspuren der Astronauten. Sie liefern auch detaillierte Bilder, in denen die Anzahl der Krater gezählt wird, um das Alter der jeweiligen Region zu bestimmen. Ähnliche Bilder stehen auch von der Venus und dem Merkur zur Verfügung. Sogar der aktivste Körper im Sonnensystem wurde entlarvt. Dabei handelt es sich um den Jupitermond Io mit seinen riesigen, durch die gravitative Wechselwirkung mit dem Jupiter am Leben gehaltenen Vulkanen. Auf einem weiteren Jupitermond, dem Ganymed, befindet sich unter einer hunderte Kilometer dicken Eiskruste ein riesiger Ozean aus Wasser und damit evtl. ein weiterer Ort für Leben im Sonnensystem. Uranus mit seiner waagerecht zur Bahn verlaufenden Drehachse und Neptun mit seinem Mond, auf dem Geysire toben, sind bislang noch wenig erforscht.

Alles in allem ist das gesamte Sonnensystem einzigartig. Es ist unsere Heimat und doch zeigt ein Blick in die Weiten des Universums, dass in sog. Sternentstehungsgebieten permanent neue Sonnen und damit Ausgangspunkte für weitere Planetensysteme gebildet werden. Und so hat man mit neuen Teleskopen bisher 490 extrasolarte Planeten entdeckt, auf denen ebenfalls täglich ihre Sonne auf und wieder untergeht. Eine fantastische Reise!

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Stefan Huber, 23. September 2010

Geografische Informationssysteme im Tourismus - Wie präsentiert sich der Landkreis Cham?

Mit dem Smartphone durch den Wald
GIZ-Vortrag über moderne Entwicklungen im Tourismus

Jede Urlaubsreise beginnt mit der Planung zu Hause. Hierzu lässt sich der Reisende im Internet digitale Karten und Luftbilder der gewünschten Region anzeigen, kann sich hineinzoomen, einen dreidimensionalen Eindruck der Landschaft gewinnen, sich Hotels oder Sehenswürdigkeiten ansehen, Informationen abrufen und Unterkünfte online buchen. Am Urlaubsort ersetzt das moderne Smartphone mit GPS und Kompass die Wanderkarte, man erhält online Informationen zu Sehenswürdigkeiten oder Veranstaltungen, und mit der eingebauten Kamera macht man Erinnerungsfotos, die auf Wunsch auch gleich online übertragen werden. Wieder zu Hause angelangt möchte man die Urlaubserinnerungen bewahren und mit anderen teilen, wozu z.B. die eigenen Fotos mit Darstellungen und Informationen aus dem Netz zu völlig neuen Produkten verschmolzen werden können. Was wie Zukunftsmusik klingt, ist bereits heute dank geographischer Informationssysteme (GIS) möglich, wie sie z.B. im Landkreis Cham dem Nutzer zur Verfügung stehen. Über diese modernen Entwicklungen berichtete der IT-Spezialist Stefan Huber von der Firma Hubermedia in Lam am vergangenen Donnerstag in seinem Vortrag des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. am Geodätischen Observatorium.

"Es sieht zwar aus wie Google Earth, es steckt aber viel mehr drin", so das Credo von Huber. Denn der Nutzer dieser Serviceleistungen, die kostenlos zur Verfügung stehen, hat online direkten Zugriff auf den aktuellen Datenbestand des Landesvermessungsamtes mit seinen hochaufgelösten Luftbildern und digitalen Geländemodellen, die ständig aktualisiert werden. Mehr noch, jedes Tourismusbüro und viele Hotels und Gaststätten pflegen ihre Einträge in der zentralen Datenbank regelmäßig selbst, so dass eine tagesaktuelle Datengrundlage zur Verfügung steht, die es z.B. ermöglicht, die Zahl der momentan verfügbaren Zimmer einer Unterkunft anzuzeigen. Einen weiteren Vorteil gegenüber der herkömmlichen Darstellungsform, bei der jedes Tourismusbüro nach eigenem Gutdünken eine Karte mit Informationen versieht, sieht Huber in der Einheitlichkeit der Darstellung, was die Nutzung wesentlich vereinfacht.

Und die Zahl der Einträge wächst ständig. Mittlerweile sind allein in Bayern mehr als 1.000 Tourismusbüros, 50.000 Unterkünfte, 200.000 Sehenswürdigkeiten und 400.000 Veranstaltungen in der zentralen Datenbank enthalten. Auch die Zahl der Zugriffe seitens der Nutzer wie auch der Betreiber nimmt ständig zu. "Es ist wie ein lebendiger Organismus, der sich selbst pflegt", so Huber. Um durch die enorme Zahl von Einträgen den Nutzer nicht zu überfordern, ist in dem System eine Suchfunktion integriert, die ähnlich wie bei "Google" eine Hitliste von Treffern anzeigt, gleichzeitig aber auch in einer Karte den geographischen Raumbezug der so selektierten Informationen herstellt. Zugang erhält man z.B. über das Portal www.eSuchWas.de.

Die Krönung der visuellen Darstellung geographischer Daten, das sogenannte high-end GIS, präsentierte Huber am Beispiel des Berchtesgadener Landes, wo mit Laserscannern aus der Luft höchstauflösende dreidimensionale Geländemodelle erstellt und mit Luftbildern verschnitten wurden. In einem atemberaubenden virtuellen Flug durch Täler und an Berghängen vorbei konnte man diese fantastische Landschaft in einer Art am Bildschirm verfolgen, wie man sie sonst in dieser Detailvielfalt nur in einem Helikopterflug erleben kann. Aber die gegenüber Google Earth tausendmal höhere Auflösung hat auch seinen Preis: etwa 5 Terabyte Daten fallen für 1 Quadratkilometer Fläche an.

Und so wurde den ca. 60 Zuhörern bald klar: auch im Tourismus hat die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie bereits Einzug gehalten. Durch die immer kleiner und gleichzeitig leistungsstärkeren Geräte wie iPad oder Smartphones, die neben dem Telefon auch zahlreiche Zusatzfunktionen wie kabellose Datenübertragung, leistungsstarke Grafik, Multimedia, Kamera, GPS, Kompass und Kreiselsysteme bereithalten, werden sich solche Anwendungen einem immer größer werdenden Nutzerkreis erschließen. Dann heißt es in Zukunft beim Anziehen der Wanderschuhe: Hast du auch dein Smartphone dabei? Aber unbedingt Ersatzbatterien mitnehmen.

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Prof. Ulrich Walter, 9. September 2010

Mit Einstein ins All – Warum Astronauten im Weltraum jünger bleiben

Der kleine, unbedeutende Mensch im umfassenden Universum
GIZ-Vortrag von Prof. Ulrich Walter lockt über 300 Besucher ins Haus des Gastes

"Was man sich vorstellen kann und physikalisch möglich ist, ist im Universum unendlich realisiert." So könnte man die Hauptaussage des Vortrags von Prof. Ulrich Walter am vergangenen Donnerstag umschreiben. Der Astronaut, Buchautor und Wissenschaftler nahm dabei die Zuhörer mit auf eine Reise durch die mathematisch belegten Theorien über das Universum, Raum, Zeit und das Leben an sich. Mit dem Thema "Mit Einstein ins All - Warum Astronauten im Weltraum jünger bleiben" sprach er dabei viele Zuhörer an, überzeugte durch seine persönlich Darstellung und warf viel Diskussionsfragen auf.

Begonnen hatte dabei die Reise am Space Shuttle auf der Erde mit dem sog. "Night View". Dies ist der Abschiedstag der Astronauten von den Familien. Die Astronauten sind dabei schon sieben Tage lang in Quarantäne und dürfen ihre Familien auch beim Abschied nur von Weitem sehen. Am nächsten Tag wird dann das Shuttle gestartet bei dem 90 Prozent des Gewichts der Treibstoff bildet. 7 Tonnen davon werden pro Sekunde verbrannt, um die Astronauten in 8,5 Minuten in den Weltraum zu befördern. Walter beschreibt dabei die erste Startphase als "einfach toll", schränkt dann aber doch erheblich ein. Dafür entlohnt dann der Blick auf die Erde. Die D2-Mission, bei der Prof. Walter im Spacelab teilnahm, umkreiste dabei die Erde mit 28000 Kilometer pro Sekunde.

Dabei lässt sich nach Einstein feststellen, dass die so schnell bewegten Astronauten jünger bleiben, als die auf der Erde zurückbleibenden Menschen. Jeder trägt nämlich seine eigene Zeit mit sich herum. Diese Eigenzeit kann sich aufgrund der Relativbewegungen zueinander zu einem Beobachter von außen verändern. Dabei ist das Referenzmaß die Lichtgeschwindigkeit. Mit anderen Worten heißt das, dass Licht seine Reisen in Null Zeit erlebt, während es von außen betrachtet für 300.000 Kilometer ungefähr eine Sekunde benötigt. Ohne Mathematik bleibt das ganze etwas verwirrend und trotzdem ergeben sich phantastische Überlegungen, wie zum Beispiel das Zwillingsparadoxon. Das besagt, wenn einer der Zwillinge beschleunigt mit einer Rakete in das Weltall fliegt und nach einer gewissen Zeit wieder zu seinem Bruder zurückkehrt, ist er jünger als der Zurückgebliebene. Und das hat man wissenschaftlich mit Atomuhren auch gemessen. Eine Uhr im Orbit und eine auf der Erde zeigten exakt das mittels Einsteinscher Formeln berechnete Verhalten. Dabei ist es nicht so, dass nur die Uhren anders gehen, sonder die Zeit an sich verändert sich real. Und dies kann man auch für den Astronauten Ulrich Walter berechnen. Bei seiner 10-tägigen Mission ist er so 0,000254 Sekunden jünger geblieben, als wir auf der Erde. Viel mehr als diese Verjüngungskur sah man ihm aber in der Umlaufbahn die körperlichen Veränderungen an. Durch die fehlende Schwerkraft drängt das im Körper befindliche Wasser stärker in die oberen Körperregionen, so dass man aufgedunsen und damit faltenloser wirkt.

Während Walter quasi nur um die Erde kreiste, stammen die weitesten, von einem Menschen geschossenen Bilder der Erde vom Mond. Lange stellte man sich geheimnisvolle Begebenheiten dort vor, was sich in Märchenbüchern manifestierte. Jeder kennt dabei den Mann im Mond, der sich mit Phantasie aufgrund der Anordnung der hellen und dunklen Bereiche auf dem Mond abbildet. Doch wie faszinierend weit das Universum wirklich ist und wie klein eigentlich der Mensch darin, wird erst klar, wenn man immer weiter reist. Die Erde verschwindet. Das Sonnensystem gliedert sich in die Milchstraße, eine Spiralgalaxie. Die nächsten Sterne, wie Alpha Centauri, ziehen nach 4,3 Lichtjahren vorbei. Das Sonnensystem gliedert sich in ein Gewebe aus weiteren Galaxien und zwischen ihnen ist nur Schwärze. Und dieser Raum in das alles gebettet ist, ist unendlich. Diese unendliche Weite des Weltalls bis hin zu dem von uns beobachtbaren Universum und darüber hinaus dehnt sich noch weiter aus. Doch wir können nur soweit sehen, wie es uns die Lichtgeschwindigkeit gestattet. Wir sehen erst das Licht, das nach der 13,7 Milliarden Jahre langen Reise bei uns ankommt. Und trotzdem dehnt sich das Universum mathematisch beweisbar unendlich aus. Und hier endete Walter mit einem Gedankenexperiment. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiterer Ulrich Walter in einem weiteren Bad Kötzting zur selben Zeit irgendwo im Universum einen Vortrag über Einstein hält ist sehr unwahrscheinlich. Doch jede noch so kleine Zahl mit Unendlich multipliziert, ergibt immer eine unendlich große Zahl. Das bedeutet, dass alles vorstellbare und physikalisch realistische wegen der unendlichen Ausdehnung des Universums auch real ist. Eine faszinierende Folgerung, die in der anschließenden Diskussion für zahlreiche wissenschaftliche, philosophische und auch religiöse Fragen sorgte.

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Prof. Willi Xylander, 25. Juni 2010

Wölfe in Deutschland – Neue Ergebnisse zu einem verfemten Räuber

Ein verfemter Räuber kehrt zurück, der Wolf
GIZ-Vortrag über Wölfe in Deutschland

Als 1997 das Bild eines gerissenen Schafes auftauchte, war der Täter eigentlich schon seit 100 Jahren ausgerottet. Nur von unberührten Gebieten weit im Osten, in Polen und den Weiten Russlands wusste man von der Existenz dieses verfemten Räubers, der schon in den Grimm'schen Märchen für allerlei Böses sorgte. Die Rede ist vom Wolf oder in der Fabelwelt auch Isegrim genannt. Dabei wird Canis Lupus, wie er wissenschaftlich bezeichnet wird, zu Unrecht als Gefahr gesehen. Wölfe meiden vom Menschen bewohntes Gebiet, brauchen Wildreichtum und "unzerschnittene" Landschaften. Auf ihrem Speiseplan steht meist Schalenwild, also Rehe, Rotwild oder Schwarzwild. Nur selten vergreift sich der Jäger an Nutz- und Haustieren, die unter ein Prozent an der Gesamtnahrung ausmachen. Und so haben sich in anderen Gegenden Europas, zum Beispiel in Spanien, die Menschen längst mit dem scheuen Tier arrangiert und leben friedlich nebeneinander. In Deutschland ist diese Erfahrung allerdings noch neu, seit Ende der neunziger Jahre langsam wieder kleinere Wolfsfamilienverbände durch die Muskauer und Neustätter Heide ziehen. Gekommen aus dem Osten erobern sich die intelligenten und zurückhaltenden Tiere langsam neue Lebensräume in ehemaligen Braunkohle-Abbaugebieten oder auf Militärübungsplätzen. Über diese neuen Erkenntnisse berichtete der Zoologe Prof. Willi Xylander vom Senckenberg Museum Görlitz in seinem Vortrag "Wölfe in Deutschland - Neue Ergebnisse zu einem verfemten Räuber" der die Reihe des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. für das erste Halbjahr letzten Freitag beschloss.

Mit dem Vortrag blickt der Verein GIZ mal in andere wissenschaftliche Disziplinen, die durchaus auch Daten der Geodäsie nutzen. So hat man in letzter Zeit viel über das Wanderverhalten der Wölfe erfahren, weil GPS-Halsbänder Positionsdaten via Mobiltelefon an die Wissenschaftler senden. Nicht schlecht staunte man dabei, als ein Wolf 390 Kilometer in nur 16 Tagen zurücklegte. Bei seiner Wanderung mit bis zu 75 Kilometern Tagesleistung überquerte er an günstigen Stellen Autobahnen und kam nach der kompletten Reise wieder an den Ausgangspunkt zurück. Bei einer anderen Verfolgung legte ein Wolf sogar 1500 Kilometer von Deutschland aus in Richtung Russland in nur fünf Monaten zurück.

Doch nicht nur GPS gehört zu den modernen Techniken, um sich dem spannenden Thema "Wolf" zu nähern. Analysen von über 2000 Losungen, also von Kotproben, erlaubten eine detaillierte Aussage über die Nahrungsgewohnheiten der Tiere, von denen aktuell 60 bis 70 Exemplare in Rudelfamilien (Elterntiere mit dem Nachwuchs der letzten beiden Würfe), als Paare oder Einzelgänger in Ostdeutschland bekannt sind. DNA-Analysen an gerissenen Tieren erlauben zudem wie in so manchem Kriminalfall die eindeutige Identifizierung der Täter. Oft handelt es sich nämlich bei solchen Vorfällen um wildernde Hunde, was den Nutztierhalter um seine staatliche Entschädigung bringt.

Vor der Zeit dieser kriminologischen Techniken wurde dem nachtaktiven Jäger, der etwa 70 bis 90 Zentimeter groß, 30 bis 40 Kilogramm schwer und im Durchschnitt bis zu 13 Jahre alt wird, oft zu Unrecht die Schuld an Wildereien in die Schuhe geschoben. Die Folgen waren häufig illegale Abschüsse. Illegal deshalb, weil der Wolf längst unter dem Schutz des Gesetzes steht, was besonders Jagdgemeinschaften schmerzt, schmälert die Anwesenheit des Wolfes doch den Gewinn aus Wildbret. Allerdings geschieht dies nicht, weil der Wolf die Anzahl der Tiere dezimieren würde. Studien zeigen nur geringfügige Rückgänge in den Wildpopulationen, da die Wolfsdichte je Wolfsrevier relativ konstant bleibt. Vielmehr wird das Wild scheuer und tritt nicht mehr so einfach aus dem Unterholz hervor.

Es zeigt sich weiter, dass es trotz der Anwesenheit des Wolfes nur äußerst selten zu Begegnungen mit Menschen kommt. Vermeintliche Fußabdrücke erweisen sich oft als solche von großen Hunden. Wölfe hingegen erkennt man durch den geschnürten Trab, so dass alle Abdrücke auf einer geraden Linie liegen. Sind mehrere Tiere unterwegs treten sie sogar in die Stapfen des Vordertieres. Und so sieht man Wölfe meist nur tot am Straßenrand, wenn sein größter Feind, der Straßenverkehr, wieder zugeschlagen hat. Alles in allem bleibt aber zu hoffen, dass der Mensch langsam erlernt, mit der Natur und all ihren Bewohnern in einem angemessenen Nebeneinander zu leben, in dem auch Wolfsrudel ihre Daseinsberechtigung haben.

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Dr. Norbert Junkes, 20. Mai 2010

Astrobiologie – mehr als Science Fiction

Das Leben als wild gewordene Materie im Universum
GIZ-Vortrag über Astrobiologie und die Frage "Sind wir allein im Universum"

Trägt man die Geschichte unseres Universums anhand eines Jahreskalenders auf, der mit dem Urknall am ersten Januar um 0 Uhr beginnt, so wäre das Leben auf unserer Erde in Form von Blaualgen etwa Ende September entstanden. Der Mensch betritt diesen Kalender des Universums erst am Abend des 30. Dezember und das Leben eines Menschen würde in dieser Skala etwa 0,2 Sekunden betragen. Diese spielerische Skalierung zeigt, mit welchen zeitlichen Dimensionen man es im Universum zu tun hat und wie kurz es eigentlich erst Leben auf dem Planeten Erde gibt. Doch was war der Auslöser für die ersten chemischen Moleküle des Lebens? Betrachtet man die Erde im Sonnensystem, so befindet sie sich in einem für das Leben günstigen Bereich, der sogenannten habitablen Zone. Nur in diesem Gürtel ist es nicht zu kalt aber auch nicht zu warm, so dass Wasser in flüssiger Form existiert. Dieses flüssige Wasser ist dabei die Wiege des Lebens. Dort haben sich in chemischen Prozessen über Jahrmillionen die ersten Biomoleküle gebildet. Sie verbanden sich weiter. Erste Einzeller entstanden, aus denen sich mehrzellige Organismen und schließlich so komplexe, denkende Wesen wie der Mensch entwickelten. Und so stellt sich unweigerlich die Frage ob dies nur Zufall war, oder ob es nicht auch auf anderen habitablen Planeten ähnliche Vorgänge gegeben hat oder gibt und vor allem wie man diese nachweisen kann.

Dieser Frage widmet sich die Wissenschaft der Astrobiologie, von der Dr. Norbert Junkes vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) Bonn in seinem Vortrag "Astrobiologie - mehr als Science Fiction!" am vergangenen Donnerstag in der GIZ-Vortragsreihe berichtete. Dabei ist man in der Realität anders als zum Beispiel im Hollywood-Film "Contact", in der Jodie Foster mit außerirdischen Lebensformen Kontakt aufnehmen kann, erst einmal den ersten Biomolekülen auf der Spur. Ein wichtiges Hilfsmittel hierbei ist die Spektroskopie. Jedes Molekül zeichnet sich dabei durch Absorptionslinien, den sog. Fraunhoferlinien, ab. Dies erlaubt es, anhand der Lichtinformation auf Milliarden Lichtjahre entfernte Molekülgruppen rückzuschließen. So war es unter anderem möglich, Ammoniak, Glycin oder einfache Zuckerverbindungen im Universum nachzuweisen. Erdgebundene Teleskope in großen Höhen, wie z.B. das APEX-Teleskop des MPIfR in Chile, ermöglichen  hierbei durch die verringerten Einflüsse der Atmosphäre neue Einblicke.

Auf der Suche nach habitablen Zonen ist man dabei nicht nur auf Planeten angewiesen. Auch sie umkreisende Monde können durch Gravitationswirkungen und Gezeitenkräfte ein Klima hervorbringen, das flüssiges Wasser und damit evtl. Möglichkeiten zum Entstehen von Leben bereit hält. Potentielle Kandidaten hierfür sind zum Beispiel der Jupitermond Europa oder der Saturnmond Enceladus. Und auch bei der Suche nach neuen Exoplaneten gibt es einige Erfolge zu verbuchen. Über 450 Planeten in anderen Sonnensystemen wurden bereits durch indirekten Nachweis entdeckt. Dabei deuten durch Rot- und Blauverschiebungen sichtbar werdende Positionsschwankungen von Sternen auf einen sie umkreisenden Planeten hin. Wandert so ein massereicher Planet zudem direkt vor seinem Stern vorbei, führt er also wie vor einiger Zeit die Venus einen Transit aus, geben Spektraluntersuchungen des abgesandten Lichts sogar Auskünfte über die Molekülbestandteile auf dem Planeten selbst. Und so konnte z.B. beim Begleitplaneten des Sterns HD209458 anhand dieser Methode Natrium, Wasserstoff, Kohlenstoff und Sauerstoff nachgewiesen werden, was auf eine habitable Atmosphäre hindeuten könnte.

Diese indirekten Methoden bleiben heute aber die einzigen Möglichkeiten, zumindest die Bestandteile des Lebens zu erforschen, da die bislang weiteste Entfernung, die eine von Menschenhand gebaute Sonde, nämlich die "Voyager", zurück gelegt hat, nur mal dem dreifachen Abstand von Pluto entspricht. Astronomisch gesehen eine winzige Distanz, da der nächste Stern Alpha Centauri 4,3 Lichtjahre, also etwa 41 Billionen Kilometer, entfernt ist. Der direkte Nachweis von Leben bleibt so noch in weiter Ferne und auch alle Versuche, wie mit dem Teleskop in Arecibo Botschaften zur Suche nach extraterrestrischer Intelligenz ins All zu senden, bleiben nicht mehr als publikumswirksame, jedoch eher nutzlose Unternehmungen. Die Wissenschaft der Astrobiologie ist aber auch immer ein Erklärungsversuch der eigenen Entstehungsgeschichte.

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Prof. Gerd Hirzinger, 21. April 2010

Robotik und Mechatronik - Vom Weltraum über die Chirurgie bis zum virtuellen Bayern

Drache oder Haushaltshelfer, alles ist Mechatronik
GIZ-Vortrag über Mechatronik und Robotik

In Hollywood sind sie schon längst zum Leben erweckt, die Roboter die mal gut mal böse unter den Menschen wandeln. Sie kämpfen, helfen, retten, töten oder entdecken ihre eigene Psyche. Die Phantasiewelten auf Zelluloid kennen keine Grenzen. Doch nicht nur in der Science Fiction fasziniert und begeistert die Vorstellung von Robotern. In der Automobilindustrie entlasten schon längst Industrieroboter die menschlichen Arbeiter von körperlich schweren Arbeiten. Die einst als Job-Killer verrufenen Maschinenarme haben sich längst etabliert und den Produktionsstandort und damit auch Arbeitsplätze erhalten. Doch diese eher stupiden Maschinen, die ihr beeindruckendes Ballett von festen Programmabläufen abfahren, stehen mittlerweile neuen Ansätzen gegenüber. Feinfühlige, erkennende und sichere Sensoren unterstützen die Nutzung von neuartigen, dem menschlichen Armen nachgebildeten Sieben-Gelenkmechaniken. Sie sehen und erfühlen ihre Umgebung, können sogar bei Operationen schwächen des Chirurgen, wie Zittern, ausgleichen und lernen ihre Abläufe, indem man sie an der Hand nimmt und sie ihnen zeigt. All dies ist möglich geworden, weil die Mechatronik als Kombinationswissenschaft zwischen Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik neue Ingenieure hervorgebracht hat. Der Landkreis Cham nimmt dabei durch das Mechatronik-Cluster zukünftig eine weitere Vorreiterrolle ein.

Diese verschiedenen Aspekte wurden am vergangenen Mittwoch durch den Vortrag "Robotik und Mechatronik - Vom Weltraum über die Chirurgie bis zum virtuellen Bayern" von Prof. Gerd Hirzinger beleuchtet. Hirzinger ist einer der weltweit führenden Robotiker beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Oberpfaffenhofen. Seine Arbeiten haben zahlreiche Publikationen, Preise und Auszeichnungen, u.a. den Gottfried W. Leibniz Preis oder das Bundesverdienstkreuz am Bande, erbracht. So war sein mit vielen Beispielen anschaulich aufbereiteter Vortrag ein Überblick über das, was heute Dank der Robotik bereits alles möglich ist. Dabei hat sich mittlerweile Wandel vollzogen. Statt festgelegte Programme ausführenden, tauben, gefühllosen Maschinen hinter Absperrungen werden moderne Roboter durch bestückte Sensoren, neuartige Gelenktechniken und mathematisch ausgefeilte Modelle zu feinfühligen Instrumenten. Sie montieren schwere Autoteile genauso sensibel wie sie filigrane Operationsnähte im Inneren eines Körpers präzise ausführen.

Diese nützlichen Errungenschaften sind speziell in der Weltraumtechnik ein Erfolgskonzept. Ist bemannte Raumfahrt immer noch sehr teuer, sind Roboter eine adäquate und günstige Alternative. Deshalb liegt ein Schwerpunkt von Hirzingers Forschen auch in der Weltraumrobotik. Schon während der SpaceLab D2 - Missionen hatte er einen Testaufbau im All, der von der Erde aus erfolgreich gesteuert wurde. Zahlreiche Spin-Off-Produkte sind daraus entstanden. So nutzen heute zahlreiche Konstrukteure die Space Mouse am Computer, eine Art Trackball mit sechs Freiheitsgraden, so dass auch Rotationen in 3D-Programmen mit einer Hand einfach am Computer durchgeführt werden können. Kraftreflektierende Joysticks ermöglichen die Rückkopplung der Taster vom Roboter im All zum menschlichen Operateur. Aktuell fliegt so auch ROKVISS am russischen Modul der Internationalen Raumstation ISS mit und führt zahlreiche Tests aus. Weitere Szenarien von unbemannten Reparatursonden für defekte Satelliten oder zum Einfangen von Raumschrott rücken langsam ins Bild des Möglichen.

Ultraleichte Roboterarme und -hände sollen aber auch die bislang genutzten Industrieroboter ersetzen. Sie schützen den in ihrem Arbeitsumfeld agierenden Menschen und erkennen Gefahren selbstständig. Diese Technik ist aber auch Ausgangspunkt für neuartige Prothesen oder für Hilfsroboter in der Pflege kranker und alter Menschen.

Neben all den nützlichen zivilen Ideen hat natürlich auch das Militär großes Interesse an solchen Entwicklungen. So wurde in USA von Boston Dynamics bereits ein Big Dog gebaut, der auf vier Beinen läuft und 200 Kilogramm Lasten über 30 Kilometer weit über unebenes Gelände transportieren kann. Er hält dabei sogar gegnerischen Angriffen stand und ist nahezu nicht zum Stolpern zu bringen. Zum zweibeinigen menschlichen Gang ist es aber trotzdem noch ein weiterer Weg. Japans führende Robotiker sind hier dabei, menschenähnliche Wesen zu erschaffen. Diese Gehmaschinen kommen auch einer Attraktion im Bayerischen Wald zu Gute: dem Further Drachen. Die Fa. Zollner baut aktuell diesen Gehroboter, an dem auch Prof. Hirzinger beteiligt ist. Zahlreiche seiner Diplomanden arbeiten an dem Ungetüm, dessen Beinlänge alleine über zwei Meter beträgt. Aktuell entwickelt die Gruppe um Hirzinger dafür ein Transportfahrzeug, das sich selbst mittels Bilderkennung an den Unterleib des Drachen andocken kann. Zur Vorbereitung der Operateure des Drachen wurde zudem ein 3D-Modell der Stadt Furth im Wald mit 5 cm Auflösung erstellt, in dem in Zukunft der Drache virtuell bewegt werden kann. Diese 3D-Modellierung findet auch für übrige Sehenswürdigkeiten in Bayern Anwendung und führt als weiteres Nebenprodukt der Robotersensorik zum virtuellen Bayern.

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