Das Rätsel des dunklen Nachthimmels: Das Olbers'sche Paradoxon.


Warum ist der Nachthimmel so dunkel

GIZ-Vortrag über das Olbers'sche Paradoxon in der Kosmologie


Das Hubble Teleskop hat mindestens 900 Milliarden Galaxien entdeckt. Jede davon hat im Durchschnitt 250 Milliarden Sterne. Jeder Stern ist im Prinzip eine Sonne wie unsere, wobei der Radius der größten davon bis zu 2000 größer ist als von unserer Sonne. Wenn man sich diese unvorstellbare riesige Zahl von Lichtquellen verdeutlicht, müsste man doch eigentlich meinen, dass der Nachthimmel taghell sein sollte. Aus jeder Richtung sollte doch mindestens ein Stern sein Licht senden. Dies wäre ähnlich zu einem Spaziergang in einen Wald. Je weiter man in den Wald läuft, desto mehr Bäume verdecken die Sicht, bis man nur noch Stamm neben Stamm sieht. Jedoch wissen wir alle, dass der Sternenhimmel dunkel ist und nur vereinzelt Sterne aufleuchten. Dieses vermeintliche Missverhältnis zwischen Vorstellung und Realität ist als Olbers'sches Paradoxon in die Kosmologiegeschichte eingegangen. Darüber referierte am vergangenen Donnerstag der Wissenschaftshistoriker und Kulturmanager Pierre Leich in seinem Vortrag "Das Rätsel des dunklen Nachthimmels: Das Olbers'sche
Paradoxon" .

Im Jahre 1823 formulierte Heinrich Wilhelm Olbers das nach ihm benannte Paradoxon, nachdem es bereits von anderen Wissenschaftlern im Zusammenhang mit konkurrierenden kosmologischen Modellen betrachtet wurde. Doch schon Kepler hatte sich damit beschäftigt und dieselbe Diskrepanz benannt. Bezieht man das damalige perfekte kosmologische Prinzip ein, dass das Universum unendlich groß, hinreichend alt, gleichmäßig verteilt, dreidimensional, statisch, mit universell geltenden Gesetzen und im thermodynamischen Gleichgewicht ist, müsste auf der Erde nach entsprechend langer Zeit aus jeder Richtung Licht von einem Stern auftreffen und den Himmel erleuchten. Doch unsere Erfahrung widerspricht dem. Die einfachste, jedoch nicht haltbare Theorie zur Auflösung des Wiederspruchs von Olbers selbst war deshalb, dass Licht von Staub behindert werden musste. Jedoch bleibt ein energetisch angeregtes Atom nicht lange in diesem Zustand und gibt erneut Licht ab. Wolken würden sich so lange aufheizen, bis sie schließlich auch wieder Energie abstrahlen, wie Herschel erklärte. Eine Lösung schien nicht einfach. Die Beschäftigung mit dem Problem ist deshalb eine Reise durch die Geschichte der Kosmologie mit ihren Entdeckungen aber auch Irrungen.

Johannes Kepler nutze den Widerspruch zum Beispiel, um gegen ein unendliches Universum zu argumentieren. Zudem stellte sich die Frage nach der Sternverteilung. Kopernikus beschrieb ein Universum mit endlich vielen Sternen in endlicher Distanz als inhomogene und hierarchisch aufgebaute äußere Schale. Im Widerspruch dazu erklärte Digges eine homogene Verteilung in einem unendlichen Universum, was auch Bruno und Galilei vertraten und unendlich viele Sterne postulierten. Newton ging von einem absoluten Raum mit absoluter Zeit aus, so dass in alle Richtungen alles gleichmäßig verteilt war. Anfang des 20 Jahrhunderts beschrieb Einstein dann einen gekrümmten Raum mit relativer Zeit. Lemaitre entdeckte zudem die Expansion des Raums, die von Hubble durch die Beobachtung einer mit zunehmender Entfernung auch zunehmenden Rotveschiebung bestätigt wurde. Durch die Urknalltheorie ist man zudem im Ereignishorizont begrenzt, da man nicht weiter blicken kann als bis zum Zeitpunkt nach dem Urknall, an dem das Universum durchsichtig wurde. Alles in allem ergibt sich aber aus dieser Historie auch die Lösung des Problems.

In dem von uns überschaubaren Ereignishorizont sehen wir einen zeitlich begrenzten Bereich eines möglicherweise unendlichen Universums. Licht breitet sich darin endlich schnell aus. Es wurden in diesem begrenzten Sichtfenster endlich viele Sterne geboren, die eine endliche Lebensdauer haben. Zudem stammt die meiste Energie noch aus den Phasen des Urknalls und ist als Hintergrundstrahlung sichtbar. Durch die Expansion des Universums werden allerdings seine Wellenlänge und damit seine Energie verringert. Im Endeffekt heisst das, dass in dem von uns überschaubaren Universum die verfügbare Energie zu klein ist, um den Nachthimmel erstrahlen zu lassen. Somit liefern uns die unvorstellbaren Entdeckungen der Weltraumteleskope wie Hubble oder Planck auch die Erklärung zur Lösung der Frage nach dem Grund für den dunklen Nachthimmel. Aber auch die Erkenntnis, dass das Olbers'sche Paradoxon kein Argument für oder gegen die Endlichkeit des Universums liefert.

 


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