Wohin mit dem ganzen Kohlendioxid
GIZ-Vortrag über die Möglichkeit der CO2-Speicherung und -Nutzung
Kohlenstoffdioxid ist als Treibhausgas ein wichtiger Bestandteil der Atmosphäre. Dieses Kohlendioxid oder kurz CO2 atmen wir als verbrauchte Luft aus. Es entsteht bei nahezu allen Prozessen von
der Industrie über Verkehr bis hin zur intensiven Landwirtschaft. Durch die Untersuchung von Lufteinschlüssen in Eiskernen der Polarregionen unserer Erde konnte man nachweisen, dass CO2 ein
wichtiger Regulator für die Wechsel von Warm- und Kaltzeiten ist. Diese Untersuchungen lassen die Konzentrationen der letzten 400.000 Jahre revue passieren, wo sich ein Anteil zwischen 180 und
300 Anteile CO2 pro Million Luftbestandteile einpendelte. Erst ab etwa dem Jahr 1950 übersteigt der Anteil die natürliche Schwankungsbreite und liegt aktuell bei einem Wert über 400, was die
Erderwärmung stark fördert. Der Trend zeigt steil nach oben.
Alleine in Deutschland produzieren wir 906 Millionen Tonnen von dem unbrennbaren, schweren und farblosen Gas pro Jahr und reichern damit die Atmosphäre an. Die Industrie mit ihren
prozessbedingten Emissionen bei der Zement-, Eisen- und Stahlerzeugung oder in Raffinerien ist dabei mit einem Anteil von etwa einem Fünftel ein nicht unerheblicher Erzeuger. Gerade diese
Bereiche sind aber auch wichtige Arbeitgeber. Um diese nicht zu gefährden, müssen alle Möglichkeiten der Vermeidung, Verwertung und Speicherung des Gases in Betracht gezogen werden, soll im Jahr
2050 nur noch maximal ein Viertel der aktuellen Menge in die Luft gelangen. Speziell über die Nutzung (Carbon Capture Usage, CCU) und die Speicherung (Carbon Capture Storage, CCS) referierte
deshalb Prof. Hans-Joachim Kümpel von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften am vergangenen Donnerstag in seinem GIZ-Vortrag "Wohin mit dem Kohlendioxid? CCU und CCS als Bausteine für
den Klimaschutz in der Industrie" vor interessiertem Publikum.
Im Wesentlichen fasste Prof. Kümpel einen im Jahr 2018 erschienen Leitfaden für Industrie und Politik mit dem Titel "CCU und CCS - Bausteine für den Klimaschutz in der Indsutrie" zusammen, in dem
von über 30 Wissenschaftlern, aber auch Vertretern der Industrie und NGOs, begleitet das Themengebiet um die CO2-Nutzung und -Speicherung wissenschaftlich beleuchtet ist. Anhand einer
Deutschlandkarte mit der Überlagerung von potentiellen Speicherorten und aktuellen CO2-Entstehungstätten der Industrie lässt sich deutlich machen, dass punktuelle Abscheideanlagen durchaus Sinn
machen. Der Transport zu den ausgeförderten Erdgasspeichern zum Beispiel in Norddeutschland muss dann allerdings dabei ebenso klimaneutral bewerkstelligen werden, würden doch alleine für eine
Million Tonnen CO2 etwa 50.000 Tanklastwagen benötigt. Kurze Wege mit Pipelines und Bündelung von Speichern sind hier zwingend erforderlich, um den gesamtökologischen "Fußabdruck" möglichst klein
zu halten.
Da CO2 selbst kein Energieträger ist, ist die industrielle Nutzung bislang beschränkt. Eine Möglichkeit wäre die Elektrolyse und Herstellung von Wasserstoff, auch wenn der Energieverbrauch
sinnvollerweise nur aus ökologischen Quellen stammen darf, um die CO2-Bilanz nicht erneut zu belasten. Ungünstig wäre die folgende Synthese zu synthetischen Kraftstoffen, wenn auch mittelfristig
denkbar. Projekte wie Carbon2Chem oder eEthylen versuchen hier eine ökonomisch rentable Basis zu schaffen.
Interessanter ist aber trotzdem die Speicherung, da die Technik dafür bereits in Form von Porenspeichern ehemaliger Erdgaslagerstätten vorhanden ist. Sandsteine dienen hier als
Speicherorte, wobei Tone als Barrieren fungieren. Länder wie Norwegen oder die Niederlande sind in der Speicherung bereits Vorreiter, haben sie doch erkannt, dass man alleine in der Norwegischen
See in verbrauchten Erdgasvorkommen 113 Milliarden Tonnen einlagern könnte. Dies entpuppt sich als Geschäftsmodell, könnte man doch alleine mit zehn Prozent davon bereits 400 Jahre der deutschen
Produktion dauerhaft verschwinden lassen. Aber nicht nur das: in den Niederlanden wird das CO2 im Sommer wieder aus den Speichern geholt, um die Luft in den Treibhäusern anzureichern und das Gas
quasi als Rohstoff für das Pflanzenwachstum zu Nutzen. In Deutschland hingegen ist die Wahrnehmung dieser Methode noch immer als Risikotechnologie verrufen. So wird erst die Zukunft entscheiden,
wie und mit welchem Erfolg man das selbst produzierte Treibhausgas wieder los werden kann.