Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Nationalpark Bayerischer Wald

 

Ein Plus für Natur und Wissenschaft
Vortrag über den Nationalpark Bayerischer Wald

45 Jahre nach seiner Gründung hat im ersten Nationalpark Deutschlands die Natur die ihr überlassene Region zurückerobert. Der Luchs ist zurückgekehrt, die Artenvielfalt ist riesig und der Borkenkäfer hat zu einer ungeahnten Waldverjüngung beigetragen. Diese Entwicklung wurde über Jahrzehnte durch zahlreiche Forschungsprojekte begleitet, so dass dieser Nationalpark auch international geschätzte Forschungsergebnisse beim Übergang von einem Wirtschaftswald zu einem natürlichen Wald geliefert hat. Darüber berichtete der Leiter der Nationalparkverwaltung Dr. Franz Leibl in seinem Vortrag "Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Nationalpark Bayerischer Wald" am vergangenen Donnerstag am Geodätischen Observatorium Wettzell.

Bei dem zu 98% bewaldeten Nationalpark konzentrieren sich die Forschungen natürlich auf die Entwicklung des Waldes. Der größte Feind des Waldbesitzers - der Borkenkäfer - hat im Nationalpark zu einer drastischen Umgestaltung des Waldes geführt. Zwischen abgestorbenen Fichtenstümpfen wächst nun ein junger, widerstandsfähiger Wald von großer Biodiversität heran. Vor allem Insekten, aber auch Vögel, Moose und Pilze profitieren enorm von dem abgestorbenen Wald, denn das Totholz ist der Schlüssel für die Artenvielfalt. Während in 1 Hektar Wirtschaftswald höchstens 20 Festmeter Totholz zusammenkommen, beträgt im Nationalpark die Totholzmenge 110, in Urwäldern sogar bis zu 300 Festmeter. Dabei ist auch die Totholzvielfalt entscheidend: ein Mix aus dicken Stämmen und Kleinholz, am besten ganze Bäume, sind dabei optimal.

Neben der eher im Stillen ablaufenden Rückkehr z.B. seltener Käferarten sorgt ein Rückkehrer stets für öffentliches Interesse - der Luchs. Von etwa 16-18 erwachsenen Individuen zählt das Nationalparkgebiet Bayerischer Wald - Sumava zu ihrem Revier. Eine deutliche Zunahme der Luchspopulation ist kaum zu erwarten, da männliche Luchse große Reviere von bis zu 400 Quadratkilometern beanspruchen, und Jungtiere in andere Reviere abwandern. Das Monitoring der sehr scheuen Großkatzen erfolgt heute hauptsächlich durch Fotofallen, von denen etwa 65 in dem Gebiet existieren. Diese Technik vermeidet Stress für die Tiere, der beim Anbringen und Abnehmen von Sendern entsteht.

Der Nationalpark ist aber auch eine ideale Modellregion für den Nachweis des Klimawandels. Neben der gemessenen Zunahme der Jahresmitteltemperatur von etwa 1°C in den letzten 100 Jahren läßt sich der Temperaturanstieg auch phänologisch belegen. Die Blütezeit etwa der Buche hat sich in den letzten 40 Jahren um 30 Tage von Ende Mai auf Ende April verschoben. Daneben ist auch ein Ausweichen kälteliebender Tierarten in größere Höhen zu beobachten, und ein völliges Verschwinden dieser Tierarten ist als Folge des Klimawandels in Zukunft zu erwarten. Der Klimawandel macht sich aber auch in den Abflussmengen der Bäche und Flüsse deutlich bemerkbar. Durch die früher einsetzende Schneeschmelze haben die Abflüsse im März und April zugenommen, währen sie im Mai deutlich zurückgegangen sind.

Bei den Forschungsmethoden werden heute auch modernste Techniken eingesetzt. Die für die Erfassung des Baumbestandes erforderlichen und aufwändigen Begehungen werden im Nationalpark durch Methoden der Fernerkundung ersetzt, was mit einer enormen Kosteneinsparung verbunden ist. Laserscanner an Bord von Flugzeugen liefern heute extrem detaillierte Abbilder der Erdoberfläche, in denen jeder einzelne Baum identifizierbar ist. Daneben liefern diese Aufnahmen auch ein Abbild des Bodens, in dem jedes topographische Detail erkennbar ist. Was mit diesen Technologien in Zukunft vielleicht noch möglich sein wir, läßt sich nur erahnen.

Neben den gesamtgesellschaftlich wichtigen Forschungsaktivitäten bietet der Nationalpark auch handfeste wirtschaftliche Vorteile. Die 1,2 Millionen Besucher jährlich lassen den einen oder anderen Euro in der Region und beleben das Hotel- und Gastronomiegewerbe. Dabei widerspricht der Grundsatz des Nationalparks, nur sanften Tourismus zuzulassen, in keiner Weise den Wünschen und Bedürfnissen der Besucher. Umfragen haben ergeben, dass die Erholung und das Naturerlebnis 95% der Befragten wichtig bis sehr wichtig ist, und dass 50% der Touristen innerhalb der nächsten 5 Jahre den Park ein weiteres Mal besuchen werden. Nach 45 Jahren muss der Nationalpark trotz einiger kritischer Stimmen als Erfolgsgeschichte bezeichnet werden.

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Werbeplakat
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