25. November 2015, Dr. Andreas Segerer
Eine Insel des Lebens, aus Sternenstaub geboren
GIZ-Vortrag über die kosmische und biologische Evolution
Irgendwo im Universum, in einem Spiralarm einer Galaxie aus 100 Milliarden Sternen, kreist seit etwa 4,5 Milliarden Jahren ein Planet in einer lebensfreundlichen Zone um eine Sonne. Wir nennen
ihn Erde, wo sich vor 3,5 bis 3,8 Milliarden Jahren in einer Spontanzeugung, der Abiogenese, aus verschiedenen chemischen Molekülen erste Lebensformen bildeten. Sie begannen über Photosynthese
das Sonnenlicht ihres Sterns umzuwandeln und formten sich vor etwa 2 Milliarden Jahren zu Mehrzellern. Komplexe Prozesse führten in der Kambrischen Radiation in einem Zeitraum von nur maximal 10
Millionen Jahren zu einer unvorstellbaren Artenexplosion, so dass vor etwa 500 Millionen Jahren plötzlich nahezu alle heutigen Tierstämme geboren waren. In mehreren vernichtenden
Massenauslöschungen durch Meteoriteneinschläge oder Vulkanausbrüchen wurden immer wieder bis zu 90 Prozent der entstandenen Arten und Lebensformen vernichtet. Die bekannteste Zerstörung, die für
die Ausrottung der Saurier verantwortlich war, ließ nur etwa 75 Prozent der Entwicklungslinien zurück, darunter einige Vogelarten und rattenähnliche Säuger. Diese kleinen Tierchen waren der
Ausgangspunkt für unsere heutigen Säugetiere und auch für uns Menschen. Doch war dies reiner Zufall oder folgt die Entwicklung einem Plan? Gibt es irgendwo eine „Erde 2.0“ mit ähnlichen
Lebensformen? Und woher kommen letztendlich die Bausteine und Grundstoffe dieses Lebens? Allen diesen Fragen stellte sich am vergangenen Mittwoch Dr. Andreas Segerer von der Zoologischen
Staatssammlung München in seinem Vortrag „Wir alle sind aus Sternenstaub – das Wunder der kosmischen Evolution“. Der Vortrag aus der Reihe des Fördervereins Geodätisches Informationszentrum
Wettzell e.V. fand dieses Mal anlässlich der Ausstellung „Faszination Universum“ im Wallfahrtsmuseum Neukirchen b. Hl. Blut statt und lockte fast 80 Menschen in den Vortragsraum des
Museums.
Am 26.10.4004 vor Christus genau zu Ostern begann um neun Uhr am Morgen in Mesopotamien die Erdschöpfung. So postulierten James Ussher und John Lightford im 17. Jahrhundert die aus Bibelstellen
ermittelten „Daten“ der christlichen Schöpfungsgeschichte. Dies war ein theologischer Versuch, das für den Menschen unvorstellbare Wunder des Lebens greifbar zu machen. Fast gleichzeitig ging die
Wissenschaft einen auf Beobachtungen und belegbaren Fakten basierenden Deutungsweg. Das Kopernikanische Weltbild, in dem die Erde und die Planeten heliozentrisch um eine Sonne kreisen, war der
Ausgangspunkt eines kosmologischen Prinzips in dem man in einem homogenen Universum kein Zentrum findet.
Zudem ist das Universum dynamischen Prozessen unterworfen. Überall im Universum werden noch heute in Sternentstehungsregionen, wie zum Beispiel dem Orionnebel, neue Sterne „geboren“. Wie die
„Staubmäuse“ unterm heimischen Schrank ballen sich um sie Ansammlungen von interstellarem Staub zusammen. Wegen der Anziehungskräfte häufen sie Materie an, vergrößern sich zu Trümmerhaufen und
bilden junge Planeten, die Einschlägen der Umgebung und durch weiter gereiste Meteoriten ausgesetzt sind. Durch sie gelangen die seltenen Bausteine des Lebens, wie Eisen, Kohlenstoff, Stickstoff
und Sauerstoff, auf die jungen Planeten. Ursprung dieser Stoffe sind aber wiederum die Sterne selbst. Während ihres „Lebens“ fusionieren Sterne nach ihrer Entstehung Wasserstoff zu Helium und
erzeugen Licht und Wärme. Wenn langsam der „Treibstoff“ verbraucht ist, schrumpfen sie und setzen weitere Fusionsprozesse in Gang, die zum Beispiel Kohlenstoff, Sauerstoff, Stickstoff und
höhere Elemente entstehen lassen. Während die Sterne dann „sterben“, schleudern sie diese Elemente unter anderem bei Supernova-Explosionen in ihre Umgebung, wo sie von den jungen Planeten und
Meteoriten „aufgesogen“ werden. So kann man auch noch heute mit Infrarotteleskopen der Entstehung der Bausteine des Lebens zusehen. Doch trotz aller Entdeckungen von anderen Planetensystemen
bleit bislang die Frage ungeklärt: war es Zufall oder Plan, dass sich auf unserer Erde spontan ein paar Moleküle „entschlossen“ haben, uns und alle Lebewesen aus den Überresten vergangener
Sterne, dem Sternenstaub, hervorzubringen.
15. Oktober 2015, Dr. Malte Westerhaus
Wenn aus Bildrauschen lebenswichtige Entscheidungen werden
GIZ-Vortrag über neueste Erkenntnisse aus der Radar-Interferometrie
In den Jahrhunderten der Entdecker brachen zahlreiche Forscher und Abenteurer auf, neue Kontinente zu finden und zu kartieren. Jahre lang waren sie unterwegs und dabei zahlreichen Gefahren
ausgesetzt, um die letzten weißen und unbekannten Flecken der Erde zu erkunden. Sie hätten sich wahrscheinlich nicht träumen lassen, dass die modernen Entdecker und Erforscher der Erde dies
heutzutage bequem von ihrem Büro aus machen. Sie wälzen in ihren Computer Kolonnen von Daten, die von Satelliten gewonnen werden und auf den ersten Blick nicht viel mehr als Rauschen auf einem
Bild sind. Trotzdem lassen sich daraus topographische Modelle entlegener Regionen erstellen, deren aktuelle zeitliche Veränderungen bis auf wenige Millimeter genau bestimmbar sind. Die genutzte
Technik nennt sich Radar-Interferometrie. Mit ihr lassen sich bequem Gletscherbewegungen oder Massentransporte in Lavaströmen während eines Vulkanausbruchs verfolgen. Ein neues Aufgabenfeld ist
das Beobachten von Veränderungen, die von Menschenhand ausgelöst wurden, zum Beispiel durch Bergbau und Erdölförderungen. Alle diese Themen der Fernerkundung beleuchtete Dr. Malte Westerhaus vom
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) in seinem didaktisch sehr gelungenen Vortrag „Radar-Interferometrie - Vermessung der Erdoberfläche aus dem Weltraum", womit der Förderverein
Geodätisches Informationszentrum Wettzell e.V. das Herbstprogramm einläutete.
Die hinter den Erkenntnissen steckende Technik basiert auf dem Radarprinzip. Von einem Satelliten in einer Flughöhe vom ca. 800 Kilometern werden in einer Sekunde bis zu 1680 Mal in einem
Frequenzband gezielt sehr kurze Radarpulse ausgesandt. Die Pulse beleuchten die Erde auf einer Breite von etwa 100 km und werden an der Erdoberfläche zurück zum Satelliten reflektieren. Der
Satellit tastet damit entlang seiner Bahn streifenweise die Erde ab. Über die rückgestreuten Intensitäten erhält man 2D-Bilder vom Untergrund. Über die Phaseninformation, also die
Laufzeitveränderungen in den Signalen eines Bildes und zusammen mit weiteren Bildern von verschiedenen Überflügen lassen sich zudem zeitliche Veränderungen der Positionen der rückstreuenden
Oberflächenpunkte auf der Erde berechnen. Durch die seitliche Blickrichtung des Radars, das nicht direkt senkrecht nach unten gerichtet ist, erhält man zusätzliche Winkelinformationen und damit
die Topographie einer überflogenen Region. Metergenaue Geländemodelle der gesamten Erde werden möglich. Ergebnis der interferometrischen Technik sind aber auch farbig dargestellte
Interferenzmuster, die weltweit Bewegungen der Erdoberfläche erkennen lassen.
Allerdings haben auch die modernen Weltentdecker mit Widrigkeiten zu kämpfen. Diese gefährden zwar nicht Leib und Leben, jedoch die Qualität und Genauigkeit der Ergebnisse. So beeinflusst der
Wasserdampfgehalt der Atmosphäre die Laufzeiten der Signale und täuscht scheinbare Änderungen vor. Modellierungen dieser Einflüsse können diese Effekte aber bis zu einem gewissen Grad
eliminieren. Schwieriger verhält es sich mit den Änderungen des Rückstreuverhaltens auf dem Erdboden. Verändert sich zum Beispiel die Vegetation im Jahreswechsel, verlieren und bekommen also die
Bäume Laub, ergeben sich nicht modellierbare Einflüsse. So sind die Daten über Städten wesentlich besser als über Waldgebieten, wie zum Beispiel dem Bayerischen Wald. Trotzdem kann man
erstaunliche Folgerungen aus den Daten ableiten. So konnte man mit dem Doppelsatellitengespann TanDEM-X die Massenverlagerungen eines Lavastroms bei der Tolbachik-Eruption verfolgen und sogar auf
die Förderraten rückschließen. Untersuchungen im Oberrheingraben ergaben klare Absenkungen in Bereichen großer historischer und aktueller Bergbauregionen bzw. Grundwasserentnahmen. Sie zeigten
aber auch Hebungen, die durch das Einpressen von Wasser durch Geothermieanlagen verursacht werden, wie zum Beispiel in Landau. So können die modernen Welterforscher aus verrauschen Pixeln in
Phasenbildern lebenswichtige Informationen und Entscheidungen für die moderne Gesellschaft ableiten.
25. Juni 2015, Dr. Thomas Klügel
Zwei vom gleichen Schlag
GIZ-Vortrag über Erde und Mond
Wohl kein anderer Himmelskörper bewegt uns Menschen und unsere Gemüter mehr als unser Mond. Teils muss unser ständiger Begleiter für wüste Ideen herhalten und doch hat er einen immerwährenden
Einfluss auf unseren Heimatplaneten. Beide kreisen um einen gemeinsamen Schwerpunkt. Die Erde überträgt dabei Energie auf den Mond und schiebt ihn immer weiter von uns weg. Der Mond bremst dafür
die Erde in ihrer Rotation ab. Er ist zumeist trocken und staubig. Die Erde erstrahlt hingegen im Blau der Meere und ist voller Leben. Geologisch hingegen verbindet beide dieselbe
Entstehungsgeschichte, so dass die Geburt beider auf ein gemeinsames Ereignis zurückgeführt werden kann. Zahlreiche dieser spannenden Fakten verband am vergangenen Donnerstag Dr. Thomas Klügel
vom Geodätischen Observatorium Wettzell zu einem interessanten Vortrag mit dem Titel „Die Erde und der Mond – ein unzertrennliches Paar“, der das Vortragsprogramm des Fördervereins Geodätisches
Informationszentrum Wettzell e.V. für dieses Halbjahr abrundete.
Als Geburtsstunde des „unzertrennlichen Paars“ wird heute ein kosmisches Ereignis angesehen, das etwa 60 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems stattfand. Es wird angenommen, dass
zu dieser Zeit ein Planet, dem man den Namen „Theia“ gab, mit der Proto-Erde kollidierte. Bei diesem enormen Zusammenstoß, dem Giant Impact, wurde ein Teil der Erdmaterie herausgeschleudert und
verband sich zusammen mit einem Teil von Theia zu unserem heutigen Mond. Entsprechend dieser mittlerweile gängigen Theorie war dies die Geburt sowohl unserer heutigen Erde als auch des
Mondes.
Der studierte Geologe Dr. Klügel konnte in seinem Vortrag hierzu auch schlüssige Beweise anbringen, die diese Theorie von anderen Entstehungsgeschichten abhebt. Entscheidend dafür war, dass man
Informationen über den Mond gewinnen musste. Dies begann bereits sehr früh mit optischen Beobachtungen, bei denen man hell leuchtende Hochtäler, die Terrae, und aber auch sogenannte Maria, dunkel
erscheinende Tiefebenen, deutlich sah. Erste Beobachtungen mit Teleskopen ab 1609 erschlossen einen ersten, topographischen Blick mit Hinweisen auf Fließstrukturen nach Vulkanismus und
tektonischen Brüchen.
Doch erst die Neuzeit und die Weltraumfahrt erschlossen den Trabanten vollkommen. Bereits 1959, lange vor den amerikanischen Mondlandungen, erkundete die russische Sonde Lunik 3 die
Mondoberfläche. Spätestens aber nach der weltweit übertragenen Mondlandung von Apollo 11 und der weiteren Missionen hatte man zudem auch die Chance, echtes Mondgestein geologisch zu analysieren.
Die erdähnlichen, hauptsächlich basaltischen oder aus Feldspat bestehenden Gesteine geben aber nicht nur Auskunft über ihren Ursprung, zum Beispiel durch vulkanische Aktivitäten. Sie erlauben
mittels radiometrischer Altersdatierung über den Zerfall bestimmter Elemente auch eine Altersbestimmung und zeigen, dass sie unverändert aus der Zeit der Mondbildung stammen. Wegen der fehlenden
Erosion durch Wasser und die heute fehlende Tektonik, also die fehlende Krustenbewegungen, wurden sie nicht verändert. Die Mondkruste wurde nicht wie auf der Erde mehrfach „recycelt“ und neu
gebildet, so dass sie ihr ursprüngliches Alter preisgeben kann.
Mit gemessenen Mondbeben bis zu einer Stärke von 5,5 und aus Schweremessungen mittels Orbitern, die den Mond umkreisen, lässt sich heute zudem auf das Mondinnere schließen. Das heute gängige
Modell mit seinem festen Kern, dem folgenden flüssigen Kern, dem Mantel und der Kruste sieht dabei dem irdischen ziemlich ähnlich. Die heutige, topographische Kartierung des gesamten Mondes, zum
Beispiel durch den Lunar Reconnaissance Orbiter, steht der Kartierung der Erde in nichts nach. Regelmäßige Laserentfernungsmessungen liefern weitere Erkenntnisse über das unzertrennliche Paar,
das sich durch gegenseitige Kraftwirkungen solange voneinander entfernt, bis sie sich in fünf Milliarden Jahren in einer Entfernung von 560000 Kilometern einpendeln und sich in ihrer dann doppelt
gebundenen Rotation für immer gegenseitig nur noch das gleiche Gesicht zuwenden.
21. Mai 2015, Roland Kaniuth
Galileo Satelliten gerettet
Die Panne bei Aussetzen der Galileo-Satelliten 5 und 6 am 22. August 2014 ging durch die Presse. Beide Satelliten gelangten in eine falsche Umlaufbahn und galten schon als verloren. Doch welche
Fehler haben die Panne verursacht? Welche Auswirkungen hat das falsche Orbit auf das gesamte Satellitensystem Galileo, und gibt es Möglichkeiten die Satelliten zu retten? Antworten auf diese
Fragen gab der Navigationsingenieur Roland Kaniuth in dem gut besuchten Vortrag am vergangenen Donnerstag am Geodätischen Observatorium Wettzell.
Roland Kaniuth ist in Wettzell ein guter Bekannter, war das doch schon sein dritter Vortrag beim Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell. Als studierter Geodät fasste er bereits
frühzeitig Fuß in der Satellitennavigation und arbeitet seit 2009 als leitender Ingenieur für Flugdynamik für die Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen am Galileo Kontrollzentrum in
Oberpfaffenhofen.
Wie so oft war es nur eine Kleinigkeit, die zu dem falschen Orbit geführt hat. Eine Schlauchführung aus Aluminium diente als Kältebrücke zwischen einem eiskalten Heliumschlauch und der
Treibstoffleitung. Der Treibstoff Hydrazin gefror und setzte die Steuerdüsen außer Gefecht. Die Fregatte, die beide Satelliten in ihr Orbit bringen sollte, konnte auf der antriebslosen Fahrt auf
der Transferbahn die korrekte Orientierung nicht mehr beibehalten und erhielt beim zweiten Schub der Antriebsdüse, dem sogenannten Kickburn, einen Impuls in die falsche Richtung. Die daraus
resultierende Umlaufbahn der ausgesetzten Galileo-Satelliten war gegenüber dem geplanten Orbit um 5° geneigt, niedriger und deutlich elliptisch. Damit hätte man den Satelliten noch betreiben
können, wenn nicht eine Gegebenheit das Ganze beinahe zum Scheitern verurteilt hätte.
Für den Betrieb des Satelliten ist es erforderlich, dass die Antenne immer zur Erde und die Solarpaneele immer zur Sonne ausgerichtet sind. Die korrekte Blickrichtung auf die Erde ermöglicht der
sogenannte Erdsensor. Vier im Quadrat angeordnete CCD-Kameras beobachten die Erde in der Art, dass jede Kamera einen Viertelkreis der Erdscheibe im Visier hat. Ist nun jeder Viertelkreis gleich
groß, ist der Satellit exakt zur Erde ausgerichtet. Die Optik des Sensors ist für eine Flughöhe von 23.000 km ausgelegt. Ist der Satellit zu nah an der Erde, ist der Rand der Erde nicht mehr
sichtbar und die Lageregelung funktioniert nicht. Genau das war das Problem, da die beiden Satelliten am erdnächsten Punkt lediglich 13.700 km von der Erde entfernt waren, aber mindestens 17.000
km sind für die Funktion des Erdsensors erforderlich.
Die Navigationsspezialisten vom Flugdynamikteam entwickelten daraufhin einen Rettungsplan. Das Problem war der Treibstoff. Von den vorhandenen 67 kg Hydrazin mußten 10 kg als Reserve für
zukünftige Manöver verbleiben, so dass nur 57 kg zur Verfügung standen, um das Perigäum der Satelliten von 13.700 auf 17.000 km anzuheben. In einem ausgefeilten Plan wurden die Steuerdüsen
insgesamt 11 mal aktiviert, um genau im richtigen Moment einen Schub in die richtige Richtung zu erzeugen. Im November vergangenen Jahres führte das vierköpfige Team bei Tag und Nacht die
aufwändigen Manöver durch, bis nach über 2 Wochen der Satellit eine Höhe von 17.300 km erreicht hatte. Im Januar 2015 wurde auch der zweite Satellit erfolgreich angehoben, ein riesiger Erfolg für
das Team für Flugdynamik, hätte der Verlust der Satelliten doch einen dreistelligen Millionenbetrag und eine erhebliche Verzögerung im Zeitplan bedeutet. Die Satelliten befinden sich zwar immer
noch nicht im vorgesehen Orbit, tragen aber dennoch zum Galileo-Satellitennavigationssystem bei. Ist das System einmal voll fuktionsfähig, wird es dann auch Navigationsgeräte im Handel geben, die
neben GPS auch Signale des russischen GLONASS, des chinesischen BeiDou und des europäischen Galileo Satellitennavigationssystems verarbeiten können - und damit eine noch genauere und
zuverlässigere Navigation auf der ganzen Welt ermöglichen.
16. April 2015, Dr. Carolin Liefke
12. März 2015, Dr. Oliver Kus
Von „Blaubeeren“, Staubteufeln und dem roten Planeten
GIZ-Vortrag über die neuesten Forschungen und Erkenntnisse über den Mars
Als der scharfäugige, italienische Astronom Giovanni Schiaparelli im Jahre 1877 auf ihm zahlreiche „Canali“ entdeckte, beflügelten die Spekulationen über Leben auf dem Mars die Menschen.
Zahlreiche Marsbewunderer erstellten Landkarten dieser Kanäle und mutmaßten über ihre Bedeutung, wie Percival Lowell in den USA, der dahinter riesige Bewässerungsgräben einer fernen Zivilisation
vermutete. Die folgende Nutzung der Spektroskopie und später die Erkundung mittels Raumsonden und Mars-Rovern zeichneten ein anderes Bild vom roten Planeten. Auch wenn immer wieder Bilder von
mutmaßlichen Mars-Gesichtern oder Pyramiden erneut die Phantasie anregten, wissen wir heute vom letzten Planeten in der Reihe der erdähnlichen Planeten mehr Details, als von unseren irdischen
Tiefseegräben. Es gibt dort Wasser- und Trockeneis. Riesige Canyons ziehen zigmal größere Furchen durch seine Oberfläche, als der Grand Canyon durch Arizona. Doch leider gibt es bisher keine
Anzeichen auf Leben dort. Alle diese Themen streifte am vergangenen Donnerstag der GIZ-Vortrag „Der Mars - Neues vom roten Planeten“ von Dr. Oliver Kus von der Sternwarte Regensburg.
Lange Zeit konnte man mit Hilfe von irdischen Fernrohren nur vage Vorstellungen von der Marsoberfläche erhaschen. Erst das Raumfahrtzeitalter bot die Chancen, Orbiter um den Planeten kreisen zu
lassen und sogar Roboterfahrzeuge der Größe eines Kleinwagens auf ihm zu landen und zu bewegen. Seitdem fahren zahlreiche kleinere und größere Rover dort herum, nehmen Gesteinsproben und senden
atemberaubende Bilder zur Erde, wie zum Beispiel aktuell Curiosity.
Die Bilder zeigen im Prinzip einen Wüstenplaneten. Trotzdem fanden die Fahrzeuge abgeschliffene Kieselsteine oder aber auch Gipsadern und „blaubeer“-ähnliche Einschlüsse aus Hämatit. Dies alles
deutet auf eine eher feuchte Vergangenheit hin. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren soll es sogar so etwas wie ein Polarmeer gegeben haben, worauf Sedimentablagerungen deuten. „Gullies“, kleine
tropfenförmige Überreste von Rinnsalen, aber auch Schlammlawinen deuten zudem noch heute auf Veränderungen durch noch vorhandenes Wasser hin. So zeigen Bilder auch Eisberge oder ergeben
Bodenproben Einschlüsse aus Wasser- und Trockeneis. Aktuelle Untersuchungen der letzten Sonden ergaben etwa vier Prozent Wasser im oberen Bereich von 12 Zentimetern des Marsbodens.
Doch auch wenn der Mars ehemals reich an Wasser und damit dem blauen Planeten Erde sehr ähnlich war, konnte er leider dieses Wasser nicht in einem Kreislauf über die Atmosphäre halten. Die
geringere Schwerkraft auf dem Mars führt dazu, dass sich Wasser ziemlich schnell in das All verflüchtigt. Ziemlich bald in der Geschichte des Planeten ließen auch die Vulkanaktivitäten nach, die
entsprechend Kohlendioxid zu Tage förderten. Dieses ermöglicht einen natürlichen Treibhauseffekt und hält die Wärme in der Atmosphäre eines Planeten. Der frühzeitig erstarrte, ehemals flüssige
Kern schwächte zudem das Magnetfeld, so dass die kosmische Strahlung ungehindert die Atmosphäre zersetzen kann. So entstand das uns mittlerweile bekannte Bild vom trockenen Planeten mit seinen
rostigen Staubflächen, über die zahlreiche Sandstürme oder „Staubteufel“, kleine Wirbelstürme, fegen. Kälte, hohe UV-Strahlung, meist gefrorenes Wasser und oxidierende Böden mit lebensfeindlichen
Perchloratanteilen prägen das Bild. Für Leben im irdischen Sinne beginnend mit Bakterien und Mikroben ist dies eher eine unwirtliche Umgebung. Trotzdem bleibt es weiter spannend, wenn neue Bilder
und Daten vom Mars zur Erde gesandt werden.
12. Februar 2015, Dr. Andreas Segerer
Heiße Gestalten mit dem Gedächtnis des Universums
GIZ-Vortrag über die Monde als Unikate in unserem Sonnensystem
Sie beherbergen die größten und heißesten Vulkane in unserem Sonnensystem. Sie verstecken tiefe, warme Ozeane unter dicken Eispanzern. Sie haben Schwefel- oder Ölseen. Sie halten die Ringe des
Saturns durch ihre Bahnen gefangen oder sorgen dafür, dass unsere Erde immer langsamer dreht. Die Rede ist von den etwa 200 Monden in unserem Sonnensystem, von denen jeder ein Unikat für sich
ist. Dabei sind speziell die Monde der äußeren Planetenriesen von besonderem Interesse, da sie durch die Wechselwirkung mit ihrem Planeten und durch eigene tektonische Vorkommnisse spannende
Welten aus Feuer und Eis bilden, in denen sogar Leben entstehen könnte. Von diesem weiten Feld erzählte am vergangenen Donnerstag Dr. Andreas Segerer von der Sternwarte Regensburg in seinem
Vortrag „Welten aus Feuer und Eis - die Monde des äußeren Sonnensystems“. Der Vortrag lockte über hundert Zuhörer ins Observatorium nach Wettzell.
Dabei begann die Reise von dem uns nächsten Mond, dem Trabanten unserer Erde. Sein innerer Aufbau ist im Prinzip der Erde sehr ähnlich, auch wenn die aktiven, heißen Lavaströme schon lange
erloschen sind. Dass es sie auf ihm aber gegeben hat, kann man anhand der Meteoritenkrater nachweisen. Sie sind bei weitem nicht so homogen verstreut, wie sie eigentlich sein müssten. Die
Kraterdichte ist in Regionen mit vor rund drei Milliarden Jahren noch aktiven Lavaströmen nämlich wesentlich geringer, da sie die flüssige Lava wieder aufgefüllt hat. Dies führt auch zu dem
berühmten Erscheinungsbild der Formen auf dem Mond, dem „Mondgesicht“. Da dort keine Atmosphäre herrscht, bleiben diese Strukturen dann wie eine „Datenbank des Universums“ erhalten und erlauben
damit Aufschlüsse auf das Alter der Regionen.
Während man solche Strukturen auf unserem Mond schon mit einem Feldstecher erkennen kann, braucht es zur Erkundung der weiteren Monde aufgrund der enormen Entfernungen im Sonnensystem wesentlich
weiterentwickelter Techniken. Somit kann man die meisten Erkenntnisse nur aus Fernerkundung mit erdgebundenen Teleskopen oder Weltraumteleskopen, wie „Hubble“ oder „Spitzer“, gewinnen. Die
wichtigsten Daten stammen aber von Sonden, wie Pioneer, Voyager, Galileo oder Cassini-Huygens. Sie kommen den Orten der Begierde verhältnismäßig nahe und können hochqualitative Aufnahmen von
ihrer Oberfläche erstellen.
So erhält man heutzutage detaillierte Information auch zu den Galileischen Monden Io, Europa, Ganymed und Callisto, die um Jupiter kreisen und von Galileo Galilei als damals erste Himmelskörper
entdeckt wurden, die sich nicht um die Erde bewegen. Io ist mit seinem Abstand zur Planetenoberfläche unserem Mond vergleichbar. Wegen des Riesen Jupiter wirken aber auf ihn enorme
Gezeitenkräfte, so dass dort extreme Vulkane walten und Io als der aktivste Körper im Sonnensystem zählt. Demgegenüber steht Europa als Eismond. Gräben und Höhenzüge durchziehen seine Oberfläche,
was auf Tektonik schließen lässt. Kryovulkane und Geysire schleudern Wasser aus einem Ozean weit unter der kalten Kruste. Dies wäre auch der Ort in unserem Sonnensystem, an dem die
Entstehung von Leben in Form von Bakterien denkbar wäre, so wie in der Tiefsee auf unserer Erde. Im Vergleich ist Ganymed wie unser Mond und Callisto zeigt sich als durchgefrorener, schmutziger
Eisball.
So hat jeder Mond auch der anderen Riesenplaneten seine Geheimnisse. Die Monde um Saturn zum Beispiel sorgen für die Unterteilung der Ringe und halten sie auf Kurs, weshalb die Monde Prometheus
und Pandora auch „Hütermonde“ genannt werden. Andere zeigen uns Szenarien eines eigenen Klimawandels oder haben Flüsse aus zähflüssigen Kohlenwasserstoffen - ähnlich „Diesel“ oder Erdöl. Alle
sind damit spannende Unikate für die Erforschung des Universums.