ROMY – Ein Ringlaser für die Erdbebenforschung


ROMY – Ein Ringlaser für die Erdbebenforschung

 

Beinahe täglich finden auf der Erde Erdbeben statt, die auch hierzulande mit empfindlichen Seismometern registriert werden. In jüngster Zeit können seismische Signale, die auch durch die Wellenbewegung der Ozeane oder den Straßenverkehr entstehen, auch durch sogenannte Ringlaser erfasst werden, wie sie an den Observatorien Wettzell oder Fürstenfeldbruck eingesetzt werden. Am vergangenen Donnerstag hielt der Seismologe Andreas Brotzer von der LMU München einen faszinierenden Vortrag über die Rolle von Ringlasern in den Geowissenschaften, insbesondere im Bereich der Rotationsseismologie. Im Fokus stand die Anwendung dieser innovativen Technologie zur präzisen Messung von Erdbeben und anderen geophysikalischen Phänomenen.


Zu Beginn seines Vortrags erläuterte Brotzer die grundlegenden Strukturen der Erde. Sie besteht aus einem festen inneren Kern aus Eisen und Nickel, umgeben von einem flüssigen äußeren Kern, dessen Strömungen das Erdmagnetfeld erzeugen. Der Erdkern wird von der inneren und äußeren Mantelschicht umhüllt, die zusammen den Großteil des Erdvolumens ausmachen. Die Erdkruste bildet nur eine dünne Schale von etwa 10 bis 40 Kilometern Dicke. Die Kenntnis über den Aufbau der Erde haben wir der Analyse von Erdbebenwellen zu verdanken, die ähnlich wie bei der Untersuchung des menschlichen Körpers mit Ultraschall den Erdkörper durchleuchten.


Seismische Wellen werden grundsätzlich in vier Typen unterteilt: P-Wellen, die ähnlich wie Schallwellen die Gesteinspartikel entlang ihrer Ausbreitungsrichtung komprimieren und sehr schnell sind, und S-Wellen, die die Partikel senkrecht zur Ausbreitungsrichtung verschieben. Beide gehören zu den sogenannten Raumwellen und durchlaufen den Erdkörper. An der Oberfläche breiten sich Love- oder Rayleigh-Wellen aus. Love-Wellen bewegen die Erdoberfläche horizontal, während Rayleigh-Wellen eine rollende Bewegung zeigen, die mit Meereswellen vergleichbar ist. Diese unterschiedlichen Wellentypen treffen an der Messstation zu unterschiedlichen Zeiten ein, abhängig von ihrer Geschwindigkeit und dem Ursprungsort. Durch präzise Messungen der seismischen Bewegungen können der Ursprungsort, die Geschwindigkeit im durchlaufenen Medium sowie die Stärke eines Erdbebens exakt bestimmt werden.


Neben linearen Verschiebungen des Bodens, wie Seismometer sie messen, können auch Rotationsbewegungen des Untergrunds erfasst werden. Zur genauen Messung solcher Rotationen werden Ringlaser eingesetzt. Das Prinzip des Ringlasers wurde bereits 1911 von Max von Laue entwickelt. Zwei Laserstrahlen werden gegenläufig auf einer geschlossenen Bahn geführt und interferieren miteinander. Bei einer Rotation der Apparatur verschieben sich die Phasen der Laserstrahlen, da die Rotation in Laufrichtung des einen Strahls und entgegen der des anderen erfolgt. Diese Phasenverschiebung verändert das Interferenzmuster, aus dem die Geschwindigkeit der Rotation abgeleitet werden kann. Ein erstes Experiment zu diesem Thema führte 1913 Georges Sagnac – damals noch mit normalem Licht – durch, der erfolglos versuchte, die spezielle Relativitätstheorie von Einstein zu widerlegen. Heute wird dieses Prinzip in kleinen Laserkreiseln eingesetzt, die eine zentrale Rolle in der Navigation von Flugzeugen, Schiffen und Raketen spielen.


Große Ringlaser, von denen weltweit nur wenige für geowissenschaftliche Anwendungen geeignet sind, sind mittlerweile so präzise, dass sie nicht nur die Meeresbrandung und Gezeiten detektieren, sondern sogar Bodenneigungen durch Luftdruckänderungen oder minimale Schwankungen der Erdrotation messen. Zwei solcher Geräte befinden sich in Deutschland: der Großringlaser in Wettzell und der jüngere Ringlaser ROMY in Fürstenfeldbruck, an dem Andreas Brotzer für seine Doktorarbeit forschte. ROMY hat den Vorteil, dass er nicht nur Rotationen in einer Richtung misst, sondern mit seinen vier Teilringen in Form eines Tetraeders alle drei Raumachsen abdeckt.


Neben der Verbesserung der Messgenauigkeit ist es ein weiteres Ziel, hochauflösende Rotationssensoren wie Ringlaser kompakter zu gestalten. So könnten sie tragbar werden und auch an schwer zugänglichen Orten oder sogar auf anderen Planeten, wie dem Mars, eingesetzt werden. Denn analog zur Erdbebenforschung kann man durch die Analyse von Marsbeben viel über den inneren Aufbau unseres Nachbarplaneten lernen.