Über die Entstehung des Lebens
     
    Die Frage nach der Entstehung des Lebens gehört zu den spannendsten überhaupt. Ist es spontan entstanden, gab es Einflüsse aus dem Weltall, oder war eine Art göttlicher Funke im Spiel? Moderne
    naturwissenschaftliche Methoden wie die Genanalyse, die Mikrobiologie oder die Biochemie liefern wichtige Bausteine zum Verständnis, vollständig geklärt ist der Prozess bislang nicht. Über 
    aktuelle Ergebnisse dieser Forschungsrichtung berichtete am vergangenen Donnerstag der Mikrobiologe Dr. Andreas Segerer von der Zoologischen Staatssammlung München in einem Vortrag in der Aula
    des Benedikt-Stattler-Gymnasiums Bad Kötzting, der mit ca. 130 Zuhörern wieder sehr gut besucht war.
    
    Die Reproduktion von Lebewesen ist mittlerweile gut verstanden. Eine Schlüsselrolle nimmt dabei die DNA ein, in der durch die Kombination der 4 Aminosäuren Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin die
    genetische Information eines jeden Lebewesens codiert ist. Dieses Grundprinzip ist bei allen irdischen Lebewesen gleich, seien es Tiere, Pflanzen, Pilze oder Bakterien. Daher muss es ein
    gemeinsames Ur-Lebewesen gegeben haben, aus dem sich das reichhaltige Leben auf der Erde entwickelte. Forschende nennen diesen letzten gemeinsamen Urahn auch LUCA, den „Last Universal Common
    Ancestor“. Doch wann existierte LUCA, und wie ist es entstanden?
    
    Seine Entstehung kann zeitlich grob eingegrenzt werden. Eine Untergrenze hierfür liefern Mikrofossilien. Dabei handelt es sich nicht um Fossilien wie z.B. Ammoniten oder Trilobiten, die erst vor
    ca. 400 bzw. 520 Millionen Jahren in einer relativ späten Phase der Erdentwicklung auftraten, sondern im Gestein konservierte Strukturen einzelliger Lebewesen. Sogenannte Mikrostromatolithe oder
    Hämatit-Röhren zeigen, dass spätestens vor 3,5 bis 3,7 Milliarden Jahren eine voll entwickelte mikrobielle Biosphäre existierte. Erste Proto-Organismen haben wahrscheinlich schon vor 4,0 oder gar
    bereits vor 4,3 Milliarden Jahren existiert.
    
    Eine Obergrenze für die Abiogenese, also die Entstehung selbst reproduzierender Organismen aus unbelebten organischen Molekülen, liefert die Erde selbst, die bei der Entstehung des
    Planetensystems aus dem solaren Urnebel kondensierte, die sogenannte Akkretion. Den ältesten Nachweis hierfür liefern Calcium- und Aluminium-reiche Inklusionen (CAI), die mit 4,568 Milliarden
    Jahren sehr genau mit radiometrischen Verfahren datiert werden können. Zu dieser Zeit war aber noch kein Leben auf Kohlenstoffbasis möglich. Nach der Kollision mit einem Protoplaneten vor ca.
    4,51 Milliarden Jahren, dem Thaia-Ereignis, glich die Erdoberfläche einem Ozean aus geschmolzenem Gestein. Durch allmähliche Abkühlung der Oberfläche und kondensierenden Wasserdampf, der aus dem
    Magma ausgaste, bildete sich eine feste Kruste mit einem heißen Ozean. Die ältesten Zirkone, ein extrem widerstandsfähiges Mineral, datieren dieses Ereignis auf ca. 4,4 Milliarden Jahre. Unter
    diesen heißen, wasserreichen Bedingungen könnte sich LUCA gebildet haben. Einige heute noch lebende Verwandte, primitive Bakterien oder Archaeen, bevorzugen Temperaturen zwischen 60 und 120°C. Es
    wird deshalb vermutet, dass sich erste Lebensformen entweder an Land in der Nähe vulkanischer Ausgasungen oder im Meer im Bereich heißer untermeerischer Quellen gebildet haben.
    
    Spannend ist auch die Frage, woher die Grundbausteine der Eiweiße und damit aller biochemischen Prozesse, die Aminosäuren, eigentlich stammen. Es konnten zwar einige dieser Bausteine synthetisch
    im Labor unter urzeitlichen Bedingungen erzeugt werden (Miller-Urey Experiment). Viel wahrscheinlicher ist es aber, dass es sich um extraterrestrisches Material handelt. In besonderen
    kohlenstoffreichen Meteoriten hat man nämlich zahlreiche Aminosäuren nachgewiesen, und auch interstellare Materie enthält viele organische Moleküle. Hochrechnungen zeigen, dass in der Frühzeit
    der Erde viele Billiarden Tonnen organischer Moleküle durch Meteoriten auf die Erde gelangten. Der entscheidende Schritt, wie sich organische Moleküle zu einer selbst reproduzierenden Zelle
    organisierten, ist im Detail aber immer noch nicht vollständig geklärt. Es verbleibt die Erkenntnis, dass der gemeinsame Vorfahr allen Lebens auf der Erde, dessen DNA mit unserer bereits große
    Ähnlichkeit hatte, vor 4,0 bis 4,4 Milliarden Jahren in Dunkelheit und hohen Temperaturen möglicherweise in der Ritze eines Hydrothermalsystems entstanden ist.