Die Rettung der beiden verirrten Galileo Satelliten

 

Galileo Satelliten gerettet

Die Panne bei Aussetzen der Galileo-Satelliten 5 und 6 am 22. August 2014 ging durch die Presse. Beide Satelliten gelangten in eine falsche Umlaufbahn und galten schon als verloren. Doch welche Fehler haben die Panne verursacht? Welche Auswirkungen hat das falsche Orbit auf das gesamte Satellitensystem Galileo, und gibt es Möglichkeiten die Satelliten zu retten? Antworten auf diese Fragen gab der Navigationsingenieur Roland Kaniuth in dem gut besuchten Vortrag am vergangenen Donnerstag am Geodätischen Observatorium Wettzell.

Roland Kaniuth ist in Wettzell ein guter Bekannter, war das doch schon sein dritter Vortrag beim Förderverein Geodätisches Informationszentrum Wettzell. Als studierter Geodät fasste er bereits frühzeitig Fuß in der Satellitennavigation und arbeitet seit 2009 als leitender Ingenieur für Flugdynamik für die Gesellschaft für Raumfahrtanwendungen am Galileo Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen.

Wie so oft war es nur eine Kleinigkeit, die zu dem falschen Orbit geführt hat. Eine Schlauchführung aus Aluminium diente als Kältebrücke zwischen einem eiskalten Heliumschlauch und der Treibstoffleitung. Der Treibstoff Hydrazin gefror und setzte die Steuerdüsen außer Gefecht. Die Fregatte, die beide Satelliten in ihr Orbit bringen sollte, konnte auf der antriebslosen Fahrt auf der Transferbahn die korrekte Orientierung nicht mehr beibehalten und erhielt beim zweiten Schub der Antriebsdüse, dem sogenannten Kickburn, einen Impuls in die falsche Richtung. Die daraus resultierende Umlaufbahn der ausgesetzten Galileo-Satelliten war gegenüber dem geplanten Orbit um 5° geneigt, niedriger und deutlich elliptisch. Damit hätte man den Satelliten noch betreiben können, wenn nicht eine Gegebenheit das Ganze beinahe zum Scheitern verurteilt hätte.

Für den Betrieb des Satelliten ist es erforderlich, dass die Antenne immer zur Erde und die Solarpaneele immer zur Sonne ausgerichtet sind. Die korrekte Blickrichtung auf die Erde ermöglicht der sogenannte Erdsensor. Vier im Quadrat angeordnete CCD-Kameras beobachten die Erde in der Art, dass jede Kamera einen Viertelkreis der Erdscheibe im Visier hat. Ist nun jeder Viertelkreis gleich groß, ist der Satellit exakt zur Erde ausgerichtet. Die Optik des Sensors ist für eine Flughöhe von 23.000 km ausgelegt. Ist der Satellit zu nah an der Erde, ist der Rand der Erde nicht mehr sichtbar und die Lageregelung funktioniert nicht. Genau das war das Problem, da die beiden Satelliten am erdnächsten Punkt lediglich 13.700 km von der Erde entfernt waren, aber mindestens 17.000 km sind für die Funktion des Erdsensors erforderlich.

Die Navigationsspezialisten vom Flugdynamikteam entwickelten daraufhin einen Rettungsplan. Das Problem war der Treibstoff. Von den vorhandenen 67 kg Hydrazin mußten 10 kg als Reserve für zukünftige Manöver verbleiben, so dass nur 57 kg zur Verfügung standen, um das Perigäum der Satelliten von 13.700 auf 17.000 km anzuheben. In einem ausgefeilten Plan wurden die Steuerdüsen insgesamt 11 mal aktiviert, um genau im richtigen Moment einen Schub in die richtige Richtung zu erzeugen. Im November vergangenen Jahres führte das vierköpfige Team bei Tag und Nacht die aufwändigen Manöver durch, bis nach über 2 Wochen der Satellit eine Höhe von 17.300 km erreicht hatte. Im Januar 2015 wurde auch der zweite Satellit erfolgreich angehoben, ein riesiger Erfolg für das Team für Flugdynamik, hätte der Verlust der Satelliten doch einen dreistelligen Millionenbetrag und eine erhebliche Verzögerung im Zeitplan bedeutet. Die Satelliten befinden sich zwar immer noch nicht im vorgesehen Orbit, tragen aber dennoch zum Galileo-Satellitennavigationssystem bei. Ist das System einmal voll fuktionsfähig, wird es dann auch Navigationsgeräte im Handel geben, die neben GPS auch Signale des russischen GLONASS, des chinesischen BeiDou und des europäischen Galileo Satellitennavigationssystems verarbeiten können - und damit eine noch genauere und zuverlässigere Navigation auf der ganzen Welt ermöglichen.

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